Stadtteilmagazin für Osdorf und Umgebung
Die Stadt startet in eine neue Bewerbungsrunde für die Olympischen Spiele: Hamburg+ heißt das Projekt, und die Hoffnungen sind groß. Gleiches gilt allerdings auch für die Zweifel und Sorgen, denn das Projekt sorgt schon jetzt für erhebliche Diskussionen. Gerade erst haben die Hamburgerinnen und Hamburger in einem Volksentscheid beschlossen, dass die Stadt bis 2040 klimaneutral werden soll. Im Mai 2026 sollen sie nun entscheiden, ob Hamburg 2036/2040 oder 2044 bereit wäre, die Olympischen Spiele auszurichten. Allerdings kommt hierbei schnell die Frage auf, wie verträglich die beiden Ziele eigentlich miteinander sind. Geht Klimaschutz und Sportgroßveranstaltung – lässt sich das kombinieren?
Bewerbungsleiter Steffen Rülke sagt ja. Die politische, ökonomische und soziale Situation in Deutschland sei angespannt, und genau das will er mit den Sommerfestspielen ändern. Er ist sich der Herausforderungen bewusst, allerdings zuversichtlich, dass seine Kampagne unter dem Motto „Olympia in Hamburg — Mit Haltung, Herz und Zukunft“ unvergessliche Momente schaffen wird. Dies soll durch die Grundbausteine Inklusion, Nachhaltigkeit, Bewegung und Gesundheit erreicht werden.
So sollen die zahlreichen bereits bestehenden Stadien und Sportstätten genutzt, neue Nahverkehrsstrecken ausgebaut, Langzeitnutzung und Multifunktionalität berücksichtigt und Jobs geschaffen werden. Hinzu kommt ein nachhaltiges und langfristig nutzbares Olympisches Dorf sowie Wettkämpfe in fußläufig erreichbaren Distanzen. All das klingt nach Innovation, Verbesserung und positiver PR. Immerhin würde Hamburg seinen Ruf als offene Weltstadt festigen und erhöhte Förderung vom Bund und vom IOC erhalten (diese allein möglicherweise in Höhe von bis zu 1,2 Milliarden Euro – Beispiel Paris laut Statista).
Auf der anderen Seite bringt das globale Spektakel auch eine Vielzahl an Risiken und Konflikten mit sich. Denn obwohl Unterstützer gerne behaupten, dass die gesamtwirtschaftlichen Folgen der gigantischen Investitionen langfristig wirtschaftlichen Aufschwung bringen würden, bleibt dies höchst fraglich. Zumal die eingesetzten Mittel an anderer Stelle möglicherweise einen größeren Effekt auf die ökologische, soziale und wirtschaftliche Situation hätten.
Genau hier liegt auch das größte Problem dieser neuen Bewerbung: Sollte die Stadt Hamburg bis 2040 Milliardenbeträge in die Olympischen Spiele investieren, ist das Geld an anderer Stelle vorerst nicht verfügbar. Die einzige Option, um die nötigen klimafokussierten Maßnahmen zu finanzieren, wären zusätzliche Schulden — keine sinnvolle Option. Nun kann man argumentieren, dass die Olympischen Spiele so strukturiert sein werden, dass Fortschritt in zentralen Bereichen der Nachhaltigkeit angestoßen wird (etwa der erwähnte Ausbau des Nahverkehrs). Allerdings ist es unabdingbar, dass die Vorbereitung, also der Bau neuer Sport- und Wohnstätten, mit erhöhtem CO₂-Ausstoß einhergehen wird. Dies gilt selbst dann, wenn die Festspiele ein Paradebeispiel für nachhaltige Zukunftsgestaltung werden sollen. Der derzeitige Mangel an wirklich fortschrittlichen Technologien macht dies deutlich.
Also, ist Olympia in Hamburg das, was die Stadt braucht – oder eher etwas, das zum jetzigen Zeitpunkt mehr Schaden als Freude bringen wird? Das kommt ganz darauf an, wen man fragt. Denn obwohl sich die Fakten nicht verändern, können sie unterschiedlich bewertet werden. Den Klimazielen würde Olympia kurzfristig schaden, ebenso dem Investitionspotenzial an anderen Stellen. Gleichzeitig würden viele Bürgerinnen und Bürger von neuer Nahverkehrsanbindung und langfristig nutzbaren Sportstätten profitieren. Möglicherweise würden sich die Investitionen in Olympia sogar doppelt rechnen, falls im Prozess klimafreundliche Abläufe oder technische Erfindungen entstehen.
Fest steht allerdings, dass die Olympischen Spiele den gerade beschlossenen Klimazielen entgegenlaufen und diese somit nahezu unerreichbar machen würden. Das sollte allen bei der Wahlentscheidung im Hinterkopf bleiben. Denn vielleicht werden Investitionen in Sport und Nahverkehr ohnehin bald auch ohne Olympia notwendig und getätigt.
Laurids Gödde