Stadtteilmagazin für Osdorf und Umgebung

Was läuft im Spielhaus Bornheide

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Das Spielhaus Bornheide ist seit 2013 im grünen Haus auf dem Bürgerhausgelände beheimatet. Was wird geboten und welche Erfahrungen machen die beiden dort tätigen hauptamtlichen Erzieher*innen? Westwind-Redakteur Rainer Erbe hat nachgefragt bei Annalisa Dessena und Marco Nold.

Welche Zielgruppe wollt ihr mit eurem Angebot vorrangig ansprechen?
A.D.: Wir sind eine Einrichtung der offenen Kinder- und Jugendarbeit. Unser Angebot richtet sich an Kinder im Alter von 6-12 Jahren aus dem Einzugsgebiet Osdorf.

Wo liegt derzeit der Schwerpunkt eurer Arbeit? Wie sieht das Angebot im Einzelnen aus?
M.N.: Wir wollen mit den Kindern zusammen einen Ort schaffen, wo sie sich unabhängig von Leistungsdruck, ohne Erwartungshaltung von Seiten der Eltern oder der Schule, frei entfalten können. Ein Ort, wo man auch mal laut sein kann, nicht stillsitzen muss, ohne dass sich Erwachsene (Eltern, Lehrer*innen, etc.) gestört fühlen. Es gibt einen Spielraum, einen Bewegungsraum, eine Werkstatt und eine Küche. Zu unseren Angeboten gehören: Tanzen, Backen, kreatives Gestalten sowie Projektarbeit. In den Schulferien haben wir ein extra Ferienprogramm.
A.D.: Wir haben von Montag bis Donnerstag jeweils von 14 – 19 Uhr und am Freitag von 13 – 18 Uhr geöffnet. Die Angebote wechseln je nach Wochentag zwischen Mädchen- und Jungen-Arbeit, Kreativ- und Sport-Angeboten, Musik, Kochen, Gesprächs-Angeboten und unserer Kinderkonferenz.

Worum geht es bei der Kinderkonferenz? 
M.N.: Bei der Kinderkonferenz am Dienstag steht die Partizipation der Kinder am Spielhausprogramm und seine Fortentwicklung im Zentrum. Die Kinder können ihre eigenen Ideen einbringen und dürfen sich natürlich auch an der Umsetzung beteiligen. Es geht im Kern um die Einübung demokratischer Teilhabe und die Übernahme von Verantwortung.   

Wie wird das Spielhaus-Angebot generell angenommen? Wie viele Kinder betreut ihr so im Durchschnitt? Kommt es vor, dass ihr Kinder aus Kapazitätsgründen abweisen müsst?  
A.D.: Wir haben ein offenes Angebot und weisen niemanden ab, aber die zunehmend überbordende Nachfrage nach unseren Angeboten ist schon ein wachsendes Problem. Je nach Wochentag haben wir mittlerweile zwischen 30 und 60 Kinder im Haus. Da ist es natürlich schwierig bis unmöglich, auf die Bedürfnisse oder Probleme Einzelner immer angemessen einzugehen. 
M.N.: Erschwerend kommt hinzu, dass bei uns derzeit eine Halbtagsstelle unbesetzt ist und es angesichts des gravierenden Fachkräftemangels im Erziehungsbereich auch nicht absehbar ist, wann wir die wieder besetzt bekommen.

Gibt es Kooperationen mit anderen Akteur*innen?
A.D.: Wir arbeiten zusammen mit dem Bürgerhaus Bornheide und den hier angesiedelten Einrichtungen. Darüber hinaus besteht eine Kooperation mit der Grundschule Kroonhorst, deren Drittklässler*innen wir jeden Mittwochnachmittag bei uns willkommen heißen. 

Habt ihr Unterstützung durch Ehrenamtliche o. ä.?
A.D.: Wir bekommen insgesamt für rund 20 Stunden in der Woche Unterstützung von vier Honorarkräften, die mit den Kindern z. B. töpfern, malen, backen oder auch sportlich unterwegs sind.

Welchen Problemen begegnet ihr bei eurer täglichen Arbeit? 
A.D.: Wir werden hier mit Armut und den häuslichen Problemen der Kinder konfrontiert. Und natürlich gibt es auch Konflikte unter den Kindern, bei denen gelegentlich Grenzen überschritten werden, die uns zum Eingreifen veranlassen. Ein besonderes Problem ist, dass die Kinder bei uns am Nachmittag zum Teil schon ausgehungert ankommen.

Wie kann das sein? Wir haben doch in Hamburg Ganztagsschulen mit obligatorischem Angebot von Mittagessen.  
M.N.: Ja, das stimmt schon: Kinder und Jugendliche, deren Sorgeberechtigte soziale Leistungen wie Bürgergeld, Wohngeld oder BAföG beziehen, bekommen das Schulessen an allen Hamburger Schulen kostenlos. Vor allem aufgrund von Bürokratie und Unwissen beantragen das aber längst nicht alle. Das ist ein Problem, dem sich die Schulen und vor allem die Politik endlich intensiver widmen sollten! Wir haben für die hungrigen Kinder in der Vergangenheit jeden Tag einen Imbiss angeboten. Leider können wir das aufgrund des übermäßig großen Bedarfs und unzureichender Mittel, sowohl finanziell als auch personell, derzeit nicht mehr leisten. Jetzt gibt es nur noch dienstags Abendbrot und am Freitag ein Kochangebot für zehn Kinder. 

Welche Angebote für eure „Kundschaft“ hier im Osdorfer Born fehlen noch oder wären hilfreich?
M.N.: Ausflüge und Ferien-Reisen, da sich viele Familien aus dem Sozialraum keinen Urlaub und auch keine Ausflüge leisten können.
A.D.: Koch-/Essens-Angebote für Kinder am Nachmittag. Sehr nützlich wären auch Hausaufgabenhilfen.   

Wenn ihr einen Wunsch in Hinblick auf eure Tätigkeit hier frei hättet: Wie würde er lauten? 
A.D.: Geringverdienende Familien finanziell zu entlasten würde auch den Kindern helfen. Und das Spielhaus bräuchte dringend mehr finanzielle Mittel, um nicht nur mit Notlösungen auskommen zu müssen. 
M.N.: Ja, derzeit haben wir nur rund 2900 € pro Jahr, d. h. rund 13 € pro Tag zur Verfügung, mit denen alle Kosten für Material- und Lebensmitteleinkauf, der Ersatz verschlissener oder kaputter Spielgeräte und sonstiger Einrichtung sowie Kosten von Ausflügen etc. bestritten werden müssen. Der bescheidene Wunsch wäre deshalb: Wenn wir wenigstens 7000 € mehr für diese Zwecke zur Verfügung hätten, könnten wir nicht nur wieder Essen für alle, die es brauchen, anbieten, wir könnten mit den Kindern z. B. im Rahmen des Ferienprogramms auch einige kleine Ausflüge unternehmen. Und der etwas unbescheidenere Wunsch wäre:  Die Bedingungen für unseren Beruf attraktiver gestalten, damit der Fachkräftemangel nicht zusätzlich auf den Einrichtungen lastet.

Wir hoffen, dass eure Wünsche gehört und erhört werden, und danken herzlich für das Gespräch!

Annalisa Dessena
Marco Nold

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