Stadtteilmagazin für Osdorf und Umgebung
Alle Jahre wieder müssen wir im Westwind ein Thema aufgreifen, mit dem wir uns lieber nicht mehr befassen würden: Warum gibt es trotz dringenden Bedarfs sowie vieler politischer Vorstöße und Initiativen im Bornpark immer noch keine öffentliche Toilette? Wie unbefriedigend die Lage ist, haben wir zuletzt in der Juni- und Oktober-Ausgabe 2022 des Westwind dargestellt. (Wer Interesse und einen Internetanschluss hat, kann in unserem Archiv stöbern: https://westwind-hh.net/westwind-archiv/).
Alle Jahre wieder befasst sich auch die Borner Runde mit der (fehlenden) Toilette im Bornpark – zuletzt am 14. Februar 2023. Das war für die Teilnehmenden allerdings auch ein eher ernüchterndes Erlebnis: Die Vertreterin des Bezirksamts konnte lediglich altbekannte Positionen erneut referieren, insbesondere
• gebe es im Gegensatz zu den sogenannten Hot Spots in der Stadt kein ausreichendes öffentliches Interesse an einer Toilette im Bornpark
• und die Betriebskosten (tägliche Reinigung) beliefen sich nach Auskunft der zuständigen Behörde und der Stadtreinigung auf ca. 40.000 € pro Jahr, selbst bei reduziertem Betrieb in der Wintersaison fielen 25.000 € an, die nicht zu finanzieren wären.
Alle Jahre wieder beschäftigt das WC-Problem rund um den Schacksee auch die Bezirksversammlung Altona, der gleichfalls nicht verborgen geblieben ist, dass immer mehr BesucherInnen des stark frequentierten Spiel- und Grillplatzes ihre Notdurft im Bornpark verrichten. Im letzten Jahr war es Ende Mai, als die Abgeordneten mit einem einstimmig (bei einer Enthaltung aus der Gruppe der AfD) verabschiedeten Antrag (Drucksachen-Nr. 21-3139) das Bezirksamt und die letztlich zuständige Behörde für Umwelt, Klima, Energie und Agrarwirtschaft (BUKEA) aufforderten, für eine öffentliche Toilette im Bornpark zu sorgen.
Dieses Jahr waren die Bezirksabgeordneten zeitiger dran: Unter der Überschrift „Aufenthaltsqualität verbessern und eine öffentliche Toilette am
Schacksee im Bornpark nun endlich realisieren!“ verabschiedete die Bezirksversammlung am 30. März einen Antrag der SPD-Fraktion (Drucksachen-Nr. 21-3945), mit dem das Bezirksamt u. a. aufgefordert wird,
• in Abstimmung mit der Stadtreinigung Hamburg zu prüfen, ob, bis wann und unter welchen Voraussetzungen eine öffentliche, barrierefreie Toilette am Schacksee im Bornpark gebaut bzw. eingerichtet und von der Stadtreinigung betrieben werden kann;
• zu prüfen, ob unter Nachhaltigkeitsgesichtspunkten eine sogenannte Biotoilette, wie sie in Hamburg bereits in den Wallanlagen eingesetzt wird, in Frage kommen könnte;
• die Finanzierungsmöglichkeiten sowohl hinsichtlich der Anschaffungsinvestition als auch von den laufenden Kosten für Unterhalt und Wartung darzustellen und das Ergebnis dem Grünausschuss zu berichten.
Darüber hinaus werden die Behörde für Umwelt, Klima, Energie und Agrarwirtschaft und die Finanzbehörde gebeten, die für Anschaffung und Betrieb erforderlichen Mittel bereitzustellen.
Nun wären die Besucherinnen und Besucher des Bornparks sicherlich auch mit einer Biotoilette hochzufrieden (sofern sie in Zukunft aus mehr besteht als einigen Bäumen und Büschen), auf Anhieb verständlich erscheint dieser zusätzliche Prüfauftrag aber nicht: Schließlich gab und gibt es am Zugang vom Böttcherkamp zum Bornpark seit Jahrzehnten eine WC-Anlage (mittlerweile in Form einer Ruine) mit Wasser- und Abwasseranschluss. Aber wenn dieser Tribut an den grünen Zeitgeist das drängende Problem endlich einer Lösung näherbringen sollte: Hauptsache Toilette, gerne auch Bio oder Öko!
Der Antrag erscheint aber auch noch in anderer Hinsicht bemerkenswert: Bei seiner Vorstellung zitierte der Bezirksabgeordnete Oliver Schmidt aus einer Senatsantwort auf eine Schriftliche Kleine Anfrage in der Bürgerschaft (Bürgerschaftsdrucksache 21/8763). Danach bezifferte der Senat im Jahr 2017 die Betriebskosten für die öffentliche Toilette in der Kieskuhle Rissen bei täglicher Reinigung auf ca. 200 € pro Woche. Das wären ca. 10.000 € pro Jahr und damit erheblich weniger als die Horrorzahl von 40.000 €, die von den Behörden seit Jahren für ein WC im Bornpark genannt wird! Man darf gespannt sein, wie die Bezirksverwaltung diese Differenz erklären wird.
Und noch eine Frage scheint dringend der Klärung zu bedürfen: Wer bestimmt in Hamburg eigentlich, was im öffentlichen Interesse liegt? Können das Behördenleitungen oder einzelne Behördenmitarbeiter nach Gutsherrenart entscheiden? Oder sind dafür eher die Bürger und die Beschlüsse ihrer demokratisch gewählten Vertreter maßgeblich? Auch in dieser Hinsicht darf man das weitere Schicksal des Bezirksversammlungsbeschlusses durchaus gespannt erwarten …
Rainer Erbe